Philo-Cafe Starnberg 2012 / 2013
6. Dezember
Referent: Tilmann Haberer
Ausgehend von seinem evolutionsphilosophisch geprägten Buch "Gott 9.0", das Willigis Jäger sehr gelobt hat, wird der Theologe zu einem wünschenswerten spirituellen Wachstum unserer Gesellschaft spannende Thesen für ein reiferes gesellschaftliches Miteinander entwickeln.
24. Januar
Beate Himmelstoß liest mit ihrer geschulten Stimme aus Nietzsches "Zarathustra" und erläutert die ausgewählten Texte unter dem Aspekt der Befreiung von verordneter Schuld und Unterordnung aus Bequemlichkeit. Unsere studierte Philosophin wird dabei eine kraftvolle Ermutigung zu selbständigem Denken und Handeln geben.
14. Februar
Referent: Hellmut Bölling
"Oberhalb von Gut und Böse- Gedanken zu einer Ethik fürs 21. Jahrhundert"
Unser Theologe wird einen fast anarchistisch anmutenden Bogen von Laotse über Nietzsche bis hin zur "9.0-Evolutionsphilosophie" spannen und dabei die These untermauern, dass wir ganz neue Kategorien als die von "richtigem" und "falschem" Verhalten entwickeln müssen. Dabei wird die Grenze zur Überwindung aller solcher Normen berührt und sogar überschritten. Worin sollen wir aber dann für unser Tun und Lassen einen Halt finden? Erweist sich etwa auch "Schuld" als Fiktion, als Denkfehler? Auf diese spannende Frage wird an diesem Abend eine Antwort versucht.
14. März
Referent: Peter Erlenwein
Eine Ikone der Nachmoderne:
Simone Weil, Sozialkritikerin und Mystikerin über "Schwerkraft und Gnade"
Werk und Leben der französischen Jüdin Simone Weil (1909-1943) stehen noch immer im Schatten von Namen wie Camus, Beauvoir und Sartre- berühmte Philosophen des französischen Existentialismus. Wie sehr gerade das kurze Leben dieser Frau, die mit gerade mal 34 Jahren starb, sie alle befruchtet hat, ist weitgehend unbekannt. Was die Zielrichtung ihres Lebens ausmachte, war die selbstgewählte Aufgabe, die Einheit von Zweifel, Wahrheit und Leiden durch radikale Existenz zu verwirklichen- in der Solidarität mit den Entrechteten ihrer Zeit. Ihr unerschütterliches Engagement bringt ihr schon früh den Spottnamen ‚Die Rote Jungfrau’ ein. Eines ihrer zentralen Werke trägt den beunruhigenden Titel: Schwerkraft und Gnade.
18. April:
Referent: Wolfgang Denzinger
"Schuld" - ein überholter Begriff?
Vor unseren eigenen Augen findet gegenwärtig eine faszinierende Entwicklung statt. Wir sind aufgefordert, ja geradezu gezwungen, die berühmte "Schuldfrage" endgültig zuu lösen. Von den Schulden im öffentlichen Bereich wissen wir, dass die Tilgungsbeträge bereits über neue Kredite finanziert werden. Eine Rückzahlung dieser Gelder scheint daher ausgeschlossen zu sein. Auch im privaten Bereich, bei Krankheit, Krisen und Konflikten suchen wir nach Schuld und Schuldigen, ohne dass wirklich etwas Gutes herauskommt. Um die "Schuld(en)frage" zu lösen brauchen wir Denkanstöße, die unseren Blick in eine neue Richtung lenken. Wir werden uns an diesem Abend der Frage stellen, ob es Schuld überhaupt gibt. Anhand der biblischen Lehre und der Weisheit des Mythos wird uns Herr Denzinger zu zeigen versuchen, dass die Annahme von Schuld auf eine "Verwirrung der Sinne" zurückzuführen ist. In Wirklichkeit gibt es keine Schuldigen - es gibt lediglich Beteiligte. Und wenn wir einsehen, dass jeder von uns allen an allen was geschieht mitbeteiligt ist, ergeben sich neue Lösungsansätze, von denen wir im Laufe des Vortrags hören werden.
16. Mai
Referent: Choong-Su Han
Die Bedeutung der Schuld im Licht des Heideggerschen und des asiatischen Denkens. Gedanken zur Bestimmung des Menschens
Der Vortrag setzt sich mit dem Phänomen der Schuld im Hinblick auf Heideggers Philosophie auseinander. Heidegger sieht es nicht als negatives Phänomen (so wie im alltäglichen Sinne), sondern als ein Notwendiges in Bezug auf das menschliche Dasein. "Schuld" kann nach Meinung des jungen Philosophen Choong-Su Hans aus einem asiatischen Wort abgeleitet werden, das "Verpflichtung zu einer Leistung" bzw. "Schicksal im weitesten Sinne der Befindlichkeit". bedeutet. Unsere Befindlichkeit und unsere Bestimmung -so wieder Heidegger- stehen in einem engen Zusammenhang. Darüber hinaus bedeutet das besagte Wort auch: "leibliche Welt". Dementsprechend wäre meine Schuld meine leibliche Welt. Ich bin da - nicht weil ich denke, sondern, weil ich anderen meine leiblichen Welt verdanke. Mein Dasein ist immer schon Mitdasein, wie es auch in "Sein und Zeit" zum Ausdruck kommt.
13. Juni
Referentin: Dagmar Kiesel
Die junge Philosophin, spezialisiert auf Augustinus, mittelalterliche Philosophie und Nietzsches Zarathustra wird über Werte, Schuld und schlechtes Gewissen sprechen.
Zur Begriffsgeschichte von Gut und Böse wird dann näher entwickelt:
Das Wertbegriffspaar "gut" und "böse" gebrauchen wir heute ausschliesslich zur Bezeichnung von moralisch lobenswerten bzw. tadelswerten Handlungen, Motiven oder Personen. Im homerschen Epos dagegen findet sich das alternative Begriffspaar "gut" und "böse" so: als "gut" gelten kriegerisch kompetente und attraktive Personen von hohem sozialen Status, während der Gegenbegriff "schlecht" Menschen aus einfacher Herkunft negativ qualifiziert.
Im Lichte von Nietzsches Kritik an der christlichen Moral werden wir Gründe und Folgen des Wertewandels von der Wiege der abendländischen Kultur bei Homer (ca. 8. Jh.v.Chr.) bis zum spätantiken Kirchenvater Augustinus (354-430) analysieren.
11.Juli
Referent: Jörn Wiedemann
Die Gemeinwohl-Ökonomie stellt den hochinteressanten Versuch dar, Beziehungswerten einen höheren Stellenwert gegenüber den „Werten des Marktes“ zu verleihen. Dem Mythos von der Konkurrenz, die den Menschen angeblich vor allem zu mehr Leistung anstacheln soll, wird das natürliche Streben des Menschen nach Zusammenarbeit zugefügt. Daraus entwickelt sich ein größeres Gewicht von Werten wie Gerechtigkeit, Mitgefühl, ökologischer Nachhaltigkeit und demokratischer Mitbestimmung. Es geht bei diesem ethisch-philosophisch geprägten Abend auch um den Umgang mit Schulden, vor allem aber um Grundgedanken zu einer neuen Wirtschaftsordnung, die Jörn Wiedemann als Mitarbeiter der Initiative Gemeinwohl-Ökonomie vorstellen wird.