Philo-Cafe Starnberg 2011 / 2012
Wir spüren, dass die alten Rezepte nicht mehr greifen und auch der geballte Sachverstand nicht in der Lage ist, die Welt aus den verschiedenen Krisen zu führen. Nicht nur die Finanzkrise, auch das Artensterben, die Ausbeutung der Erde, die Verwendung von landwirtschaftlichen Flächen für Treibstoffproduktion und die Preissteigerung für Nahrungsmittel: Mit Sachverstand geht nichts mehr. Alle wissen es: man muss irgendwie was Anderes machen. Aber was? Wir haben uns deshalb entschlossen, in die unbekannten und teilweise tabuisierten Philosophien einzutauchen. Vielleicht finden wir Hilfen in den Philosophien, in denen Diesseits und Jenseits nicht getrennt waren, zu Zeiten, als die antike Philosophie vergessen war, im Mittelalter. Und so wollen wir uns in einigen Vorträgen der Gnosis, der magischen Naturphilosophie der Renaissance und anderen Ausbruchsversuchen zuwenden. Auch Goethe hat es versucht:
Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab ich mich der Magie ergeben,
Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält,
Schau alle Wirkenskraft und Samen,
Und tu nicht mehr in Worten kramen(Goethe Faust I)
Donnerstag, 27. Oktober
Ernst Friedrich Lauppe
Die magische Philosophie der frühen Renaissance und die Gnosis
Die Menschheit hat in den letzten 400 Jahren sich das wirksame rationale technische Denken erobert. Jeder Mensch kann sein Leben diesem Denken widmen und Maschinen bauen. Für die globalen Krisen taugt dieses Denken allerdings sowenig wie für private Krisen; die Rettungsschirme zeigen uns das in aller Deutlichkeit. Heute, wo uns die Physik sagt, dass alles miteinander verbunden ist, wo viele meinen, dass die Erde ein lebendiges Wesen ist, wo viele beim Universum Bestellungen aufgeben und Botschaften von Geistern veröffentlichen, wo viele Kranke Hilfe bei Schamanen suchen, da besteht Grund, die letzte magische Philosophie unseres Kontinents, die magische Naturphilosophie der Renaissance anzusehen. In dieser Welt, erst 400 Jahre vorbei, in der Zeit der Reformation, war das alles klar und akzeptiert: dass die Erde ein lebendiges Wesen ist, dass alles mit allem verbunden ist, dass man mit Magie die Welt beeinflussen kann. Giordano Bruno ist für diese Philosophie im Jahre 1600 verbrannt worden.
Donnerstag, 24. November
Beate Himmelstoß
„Nun ja! Das nächste Leben geht aber heute an.“ Bettine von Arnims Schwebe - Religion
Eine von Frauen getragene Gegenbewegung zum rationalistischen Geist der Aufklärung
1839 veröffentlicht Bettine von Arnim das zweite ihrer Brief-Bücher (das erste war "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde"); es enthält den Briefwechsel mit ihrer verehrten Freundin, der Dichterin Karoline von Günderode, von 1804 bis zu deren Freitod 1806. Die Briefe sind nur noch im Kern originale Jugendbriefe; die inzwischen 54jährige Bettine überarbeitet sie im Sinne eines Manifests ihrer selbst so genannten Schwebe-Religion, einer der Schönheit, der Sehnsucht, der Liebe und der Inspiration folgenden Philosophie, die sich bewusst spontan gibt, sich weder einem wissenschaftlichen noch einem poetischen Kodex unterwirft und immer aus der Hinwendung an ein Du lebt. Eine romantische Gegenbewegung zum rationalistischen Geist der Aufklärung, aber eben nicht zurück zum Dogmatismus, sondern nach vorn, in die Freiheit. Weitere Stichworte sind: Subjektivität, Unmittelbarkeit, Natürlichkeit, Weiblichkeit, ja Kindlichkeit. Die Aura der koboldartigen Kindfrau ist bewusst gewählt, in diesem "Zauberkleid" lässt sich alles aussprechen, ohne der Zensur anheimzufallen. Der Preis dafür ist, dass sie nicht ernst genommen wird. Ihre Freundin Günderode hingegen versucht, der herrschenden Ästhetik der Kunst, des "Werks" gerecht zu werden und scheitert.
Der Briefwechsel ist 1983 von Christa Wolf herausgegeben worden und leider vergriffen. Sollte jemand an das Buch herankommen, so ist der Essay von Christa Wolf unbedingt zu empfehlen!
Donnerstag, 15. Dezember
Prof Dr. Dr. Katharina Ceming, Augsburg
Meister Eckharts Philosophie des göttlichen Funkens
Kein anderer mittelalterlicher Denker ist heute noch so populär wie Meister Eckhart, was wohl damit zusammenhängt, dass Eckhart den Mensch in seinem innersten Sein anspricht. Aus seiner Sicht ist der Mensch mehr als nur ein sterbliches und bedingtes Wesen. Das wahre menschliche Sein ist der durch nichts zu zerstörende göttliche Funke, dessen sich der Mensch nur nicht bewusst ist. Ziel des Lebens ist es daher, sich wieder dieses göttlichen Funkens bewusst zu werden. Warum der Mensch sein wahres Wesen verkennt und wie er sich dessen bewusst werden kann, soll u.a. Gegenstand des Vortrags sein.
Donnerstag, 19. Januar
Wolfgang Denzinger
Zurück zur Ungenauigkeit!
Astrologische und ökonomische Rettungsschirme
Der Mythos wird wegen seiner Widersprüchlichkeit von der Philosophie diskriminiert, wie auch die Astrologie. Mythos und Astrologie können mit unklaren, widersprüchlichen Lagen und nicht ausreichenden Informationen umgehen. Die Astrologie war eine wichtige Orientierungs- und Handlungshilfe in der alten Welt, an der Wirkkraft der Sterne und des Tierkreises war kein Zweifel. Wir aber, mit unserer übermäßigen Genauigkeit, scharfen Begriffen, präzisen Funktionen schaffen es nicht einmal, Rettungsschirme aufzuspannen, die einigermaßen dicht sind. Das ist kein Wunder, sagt Wolfgang Denzinger, wenn der Pluto den Steinbock durchläuft.
Donnerstag, 16. Februar
Hellmut Bölling
Die gnostische Philosophie des Plotin und des Proklos
Mit den großen Neuplatonikern Plotin und Proklos beschäftigen wir uns mit der spannenden Frage nach der Einheit von Gott und Welt. Wie kommt die Seele in die Welt und wie findet sie wieder zurück zu ihrem Ursprung? Wie sieht es mit der Ethik aus? Die denkerisch tiefe Schnittmenge der antiken Philosophie mit den oft gnostisch geprägten frühen christlichen Strömungen ist ein faszinierender Bereich. Augustinus und Eckhart beriefen sich ebenso auf die beiden Denker wie später Hegel; Selbst Goethe war in seinem bedeutsamen Entwurf, die Einheit von Gott und Welt anzunehmen, von Plotin inspiriert.
Donnerstag, 15. März
Peter Erlenwein
Der Geist des Erwachens- frühchristliche Anschauungen und postmoderne Erkenntnis
Seit der Entdeckung der Schriftrollen von Qumran und Nag Hammadi in Ägypten in der Mitte des 20. Jahrhunderts ist ein ganz neues Licht auf die spirituellen Grundwahrnehmungen des frühesten Christentums gefallen: statt Einheitlichkeit herrschte ein schoepferisches Mit,-Neben, und Gegeneinander hochkomplexer religioeser Anschauungen, die mit Beginn des 4. Jahrhunderts von der aufkommenden Kirchenhierarchie als gnostisch stigmatisiert und in den bald offiziellen Kanon der vier Evangelien nicht auf genommen wurden.Darunter fallen z.B. das fast zenbuddhistisch anmutende Thomasevangelium sowie das Evangelium der Maria Magdalena, die Jesus als erste nach seiner Auferstehung begrüßte und eine seiner nächsten und erleuchtetstenJüngerInnen gewesen sein dürfte.
Die Tiefe und ‚Modernität‘ dieser Schriften - inzwischen von vielen Theologen wie Laien anerkannt- finden spannenderweise erst jetzt, in unseren postaufgeklärten Zeiten, eine adäquate Resonanz. Sie bezeugen eine spirituelle (R)-Evolution diesseits und jenseits kirchlicher Dogmatik, die von entscheidender Bedeutung für ein offenes mystisches Christentum des 21. Jahrhunderts sein wird.
Donnerstag, 19. April
Gerold Adams
Leben und Kosmos in neuem Licht – Eine duale Seinstheorie
Selten hat jemand so viele Gründe für die Existenz einer anderen Welt zusammengetragen wie Gerold Adams dies in jahrzehntelangen Studien getan hat. Ob Nahtoderlebnisse, Quantenphysik, zwingende Schlüsse aus der Konstruktion unserer Welt: Nichts fehlt in dieser deutlichen Hinführung zu der Annahme, dass es die andere Welt gibt.
Seit Menschengedenken beschäftigen sich nachdenkliche Erdenbürger mit den Urfragen wie:
Was ist Leben, wo kommen wir her, wer bin ich, gibt es ein „Leben“ nach dem Tod, warum bin ich? Wie entstand das Universum, gibt es eine Schöpfung oder etwas Göttliches?
Religionen, Philosophen, spirituelle Denker und die Naturwissenschaften versuchten sich in tausend Antworten mit unterschiedlichster Überzeugungskraft.
Antworten auf die entscheidenden Fragen wie „Wer zündelte zum Urknall, wie können aus biophysischen Prozessen psychologische entstehen … was sind Unterbewusstsein, Träume, Nahtoderlebnisse ….“ bleiben aber bis heute für einen offenen und kritischen Geist unbefriedigend.
Gerold Adams bietet eine Theorie an, die einen ganz erheblichen Erkenntnissprung beinhaltet. Erst die Erkenntnisse aus der Relativitätstheorie und Quantenmechanik konnten zusammen mit einer interdisziplinären Erfahrungssammlung aus Naturwissenschaft, Medizin, Grenzerfahrungen u.ä. diese Theorie entstehen lassen.
Donnerstag, 24. Mai
Wolfgang Schenk
Wirksamkeit alten Wissens: Anthroposophie und ihre Projekte
Die Anthroposophie Rudolf Steiners ist aus dem alten Wissen hervorgegangen und Rudolf Steiner hat sie weiterentwickelt zu einer Lehre, in der altes gnostisches Wissen und modernste Wissenschaft einander befruchten und in unserer heutigen Welt starke Wirksamkeit entfalten. Wie sieht ein Anthroposoph die Welt? Mit welchen Methoden erkennt er, was richtig und falsch ist? Was ist der gnostische Hintergrund realer anthroposophischer Projekte? Wieso kam die anthroposophische Bank am besten von allen deutschen Banken durch die Finanzkrise?
Donnerstag, 14. Juni
Dr. Michael Conradt
Der Wille zum Denken als Weltschöpfung
Die unerhört kühne Philosophie des Johann Gottlieb Fichte (1762-1814)
Der deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte (1762-1814) war ein intellektueller Freiheitskämpfer und der erste philosophische Held der frühen deutschen Romantik. Was Dichter und Denker gleichermaßen begeisterte, war die unerhörte Kühnheit von Fichtes idealistischem Weltentwurf, demzufolge der Mensch in transzendentaler Freiheit die Welt voll und ganz aus seinem Denken heraus erschafft. Er ist also der Schöpfer dieser Welt, die es ohne ihn nicht gäbe. Der Vortrag beleuchtet Leben und Denken dieses herausragenden Vertreters des Deutschen Idealismus, der im späten Abschnitt seines Lebens zum Glauben und zur “Bewegung des Herzens“ fand. Auch an ihm selbst bewahrheitete sich somit sein bekanntester Ausspruch: “Was für eine Philosophie man wählt, hängt davon ab, was für ein Mensch man ist.“
Dr. Michael Conradt betreibt das Institut für angewandte Philosophie in Berg
Donnerstag, 12. Juli
Mehrere Referenten, Podium oder Fishbowl
„Der Mensch hat in den letzten 400 Jahren das für Technik geeignete Denken erworben, jetzt wendet er sich dem Menschen und dem Zusammenleben zu“:
Was trägt altes Wissen der Menschheit dazu bei?